Aushang mit Informationen für die Wahlberechtigten in Winnenden.
„Starker Wahlkampf“
Die erste demokratische Gemeinderatswahl in Winnenden nach dem Zweiten Weltkrieg
Vorgeschichte
Mit Proklamation Nr. 2 vom 19. September 1945 kündigte die US-Militärregierung in Deutschland an, dass innerhalb der amerikanischen Besatzungszone „Verwaltungsgebiete“ entstehen sollten, „die von jetzt ab als Staaten bezeichnet werden“. Es handelte sich um Bayern, Groß-Hessen und Württemberg-Baden. Nur wenige Tage später, am 24. September, erfolgte die Vereidigung der Regierung Württemberg-Badens mit Ministerpräsident Reinhold Maier an der Spitze.
Ziel der Amerikaner war der Aufbau demokratischer Strukturen von unten nach oben. Entsprechend hatten sie bereits im August 1945 die Zulassung politischer Parteien auf lokaler Ebene gestattet. In einem weiteren Schritt sollten Gemeinderäte gewählt werden. Dazu verabschiedete das Staatsministerium am 20. Dezember für Nord-Württemberg das „Gesetz über die Anwendung der Deutschen Gemeindeordnung“, mit dem in der Gemeindeverwaltung das Führerprinzip aus der NS-Zeit aufgehoben wurde.
Vorbereitungen
Die Wahl der Gemeinderäte in Gemeinden unter 20.000 Einwohnern wurde auf 27. Januar 1946 terminiert. Für die Vorbereitungen blieb nicht viel Zeit. Zunächst mussten Wählerlisten angefertigt werden, die – laut einer Bekanntmachung vom 27. Dezember 1945 in der Zeitung „Amtliche Nachrichten für den Kreis Waiblingen“ – bis 5. Januar 1946 „zur allgemeinen Einsicht“ in den Rathäusern auslagen. Wahlberechtigt waren nur Gemeindebürger/innen. Von der Teilnahme ausgeschlossen wurden unter anderem Personen, „die der NSDAP. vor dem 1. Mai 1937 beigetreten sind, sowie alle aktiven Mitglieder, die später eingetreten sind“.
Wie aus den Wahlakten, die sich im Stadtarchiv Winnenden erhalten haben, hervorgeht, liefen beim Bürgermeisteramt der Stadt 39 Einsprüche gegen Nichtaufnahme in die Wählerliste bzw. Streichung aus derselben ein. Zehn Beschwerden wurde nicht stattgegeben. Sechs Personen wollten diese Entscheidung nicht akzeptieren und ersuchten das Landratsamt in Waiblingen um Klärung. Nach Anhörung des Kreisbeirats teilte Landrat Anton Schmidt dem Bürgermeisteramt Winnenden am 23. Januar 1946 mit, dass vier Beschwerden zurückgewiesen worden seien.
Bis zum 22. Januar 1946 wurden in Winnenden drei Listen gebildet, die mit insgesamt 39 Kandidaten zur Gemeinderatswahl antraten. Jeweils 18 Kandidaten umfassten die Vorschläge „Demokratisch-Sozialer Aufbaublock“ (parteipolitisch den Sozialdemokraten und Kommunisten nahe stehend) und „Demokratische Volkspartei und Christlich-Soziale Volkspartei“ (liberal-konservativ). Lediglich drei Personen kandidierten für die „Freie Wählervereinigung“. In einer Aufstellung der Militärregierung zu Einzelheiten der Wahl ist von einem „starke(n) Wahlkampf“ die Rede. Es hätten sechs sehr gut besuchte Wahlversammlungen stattgefunden.
Ablauf der Wahl und Ergebnis
Am 27. Januar 1946 hatten die drei Wahllokale in der Stadt von neun bis 17 Uhr geöffnet. Die bei der Verhältniswahl verwendeten Stimmzettel waren nicht amtlich erstellt und ausgegeben worden, sondern durch die Wählervereinigungen. Hinsichtlich des Ergebnisses interessieren vor allem folgende Informationen:
Personen, die das Wahlalter erreicht hatten: 3.900 (ca.)
- Wahlberechtigte: 3.364
- Abgegebene Stimmzettel: 2.964
- Gültige Stimmzettel: 2.819
- Ungültige Stimmzettel: 145
- Gültige Stimmen: 50.044
Davon entfielen auf:
- Freie Wählervereinigung: 372
- Demokratisch-Sozialer Aufbaublock: 13.934
- Demokratische Volkspartei und Christlich- Soziale Volkspartei: 35.738