Eingang der Geschäftsstelle der Volkshochschule Winnenden-Leutenbach-Schwaikheim in der Marktstraße 47, Juni 2021. Nach dem coronabedingten Lockdown lädt die offene Tür zum Betreten ein. Foto: Michaela Couzinet-Weber.
75 Jahre Volkshochschule Winnenden
Die Volkshochschule Winnenden wurde im Oktober 1946 gegründet. Mit einer Zeitreise in Bildern und Dokumenten soll ihre 75-jährige Geschichte in Erinnerung gerufen und anschaulich gemacht werden. Für ihre Unterstützung bei den Vorbereitungen sei an dieser Stelle Frau Christel Ludwig, der früheren VHS-Leiterin, herzlich Danke gesagt. Die Präsentation bildet eine Ergänzung zur vorausgegangenen Artikelserie von Frau Ludwig im Amtsblatt "Blickpunkt", die auf https://www.vhs-winnenden.de/programm/75-jahre-vhs eingesehen werden kann. Einen weiteren Erinnerungsbaustein anlässlich des Jubiläums stellt der Film "VHS-Zeltlager 1949-1961" dar, an dem ehemalige Teilnehmende mitgewirkt haben. Er ist zugänglich über https://youtu.be/CUoBLnwTnT4.
1. Die Anfänge
Gründung und erstes Jahr
Die offizielle Errichtung der Volkshochschule bedurfte der Genehmigung durch die US-Militärregierung. Vorgabe diesbezüglich war, dass „(d)ie Verwaltung jeder einzelnen Volkshochschule (…) in den Haenden eines Kuratoriums liegen“ sollte, „welches die Interessen der Gemeinschaft vertritt“. In Winnenden entstand alsbald ein Bildungsausschuss mit sieben Mitgliedern, der für 23. Oktober 1946 im Saal des Gasthofs zum Hirsch eine öffentliche Versammlung einberief, bei der die Volkshochschule gegründet wurde.
Rasch erfolgten die nächsten Schritte. Wohl am 31. Oktober 1946 fand im Rathaus eine Sitzung des Bildungsausschusses statt, „in der die Gründung eines Vereins der Volkshochschule e.V. beschlossen und in Umrissen festgelegt wurde“. Einen Tag später wurde mit Schaufensterwerbung begonnen. Und Interessierte konnten sich zu Kursen anmelden. Die Geschäftsstelle befand sich in der Privatwohnung des ersten VHS-Leiters Ulrich Schad, eines Diplom-Ingenieurs.
Die neue Bildungseinrichtung hatte sich zum Ziel gesetzt, „auf breitester Grundlage allen Schichten der Bevölkerung theoretisches und praktisches Wissen“ zu „vermitteln“. Dazu wurden politisch unbelastete Lehrkräfte und Geldmittel benötigt. Ulrich Schad trat an die Spruchkammer Waiblingen heran, um für die gewünschten Dozenten eine Beschleunigung ihres Entnazifizierungsverfahrens zu erreichen. Gleichzeitig nahm der Bildungsausschuss Kontakt mit der Stadtverwaltung auf, welche die Volkshochschule finanziell unterstützen sollte.
Der erste Arbeitsplan für Winter 1946/47 enthielt schwerpunktmäßig Kurse in Sprachen, Mathematik und Naturwissenschaften, Technik, Land- und Gartenbau sowie in den kaufmännischen Fächern. Angebote im Bereich „Kunst und Können“ (z.B. ein gemischter Chor und eine Theaterspielgruppe) und Vorträge rundeten das Programm ab. Nach zwölf Jahren NS-Diktatur war die Resonanz trotz mancher Probleme der Bevölkerung bei der Bewältigung des Alltags (genannt sei die mangelhafte Versorgung mit Lebensmitteln) überaus positiv, wie sich aus den für die Militärregierung bestimmten Wochenberichten des VHS-Leiters herauslesen lässt.
Bei der Eröffnung am 23. Februar 1947 im Lichtspieltheater sprachen der Leiter der Abteilung Erwachsenenerziehung bei der Militärregierung und ein Vertreter des Kultministeriums von Württemberg-Baden. Musikalisch umrahmt wurde die Feier u.a. mit Werken von Georg Friedrich Händel und Robert Schumann. Des Weiteren beschloss am 13. März der Gemeinderat, der Volkshochschule Winnenden einen Platz zur Erstellung einer Baracke zu überlassen, in der eine öffentliche Bibliothek untergebracht werden sollte.
Die Zeit von Herbst 1947 bis Frühjahr 1950
Das Kursangebot in der Zeit von September bis Dezember 1947 deckte sich im Wesentlichen mit demjenigen im ersten Arbeitsplan. Angekündigt wurde es nun nicht mehr allein über Schaufensterwerbung, sondern auch in der Stuttgarter Zeitung. Dieses Medium erstattete überdies Bericht über die Eröffnung des Wintersemesters 1947/48 im Festsaal der Heilanstalt Winnental. Die Lehrveranstaltungen selbst fanden zunächst vor allem in der Ober- bzw. Realschule und in der Kastenschule statt.
Mitte Oktober 1947, knapp ein Jahr nach der Gründung, umfasste das Kuratorium der Volkshochschule zwölf Mitglieder. Und die Öffentlichkeitsarbeit differenzierte sich weiter aus. Für Konzerte erstellte man Flyer, die, wie die Arbeitspläne, zumindest teilweise mit einem Logo versehen wurden, dem Schwaikheimer Torturm. Ab Frühjahr 1949 stand mit dem Volks- und Anzeigeblatt wieder eine örtliche Zeitung zur Verfügung, in der Bekanntmachungen und Veranstaltungsberichte erscheinen konnten.
Das Frühjahrsprogramm 1949 bot Kurse in mittlerweile elf Themenbereichen an (z.B. „Philosophie und Psychologie“ oder „Die Welt der Frau“). Im Sommer des gleichen Jahres führte die Volkshochschule Winnenden in Horn bei Radolfzell am Bodensee zum ersten Mal ein Zeltlager für Kinder und Jugendliche durch, das gleich ein voller Erfolg wurde. Insgesamt 115 Jungen und 92 Mädchen nahmen daran teil. Bemerkenswert ist, dass es an der VHS von Anfang an Arbeitskreise mit verschiedenen Schwerpunkten gab (Musik, Theater, Zeichnen, Arbeitsgemeinschaften in naturwissenschaftlichen Fächern wie Chemie und Physik, etc.).
2. Der Verein
1950 erfolgte die Umwandlung des Kuratoriums der Volkshochschule in einen rechtsfähigen Verein. In der Gründungsversammlung am 3. März gab er sich eine Satzung. § 1 definierte als Hauptaufgabe „die gemeinnützige Förderung der freien Jugend- und Erwachsenenbildung in Winnenden und in den Gemeinden der Umgebung“. Organe des Vereins waren nach § 4 der Vorstand und die Mitgliederversammlung.
Den Vereinsvorsitz übernahm Winnendens Bürgermeister Hermann Schwab. In das Amt des Stellvertreters, der zugleich die Bezeichnung „Leiter der Volkshochschule Winnenden e.V.“ führte, wählten die Mitglieder am 28. April 1950 den Oberstudienrat Erwin Hofmann. Zur Unterstützung des zweiten Vorsitzenden bei der inhaltlichen Arbeit wurde ein weiteres Vorstandsmitglied benötigt. Hier entfiel die Stimmenmehrheit auf den Bibliothekar Karl Schwedhelm. Am 4. Juli schließlich verfügte das Amtsgericht Waiblingen die Eintragung ins Vereinsregister.
Die Namen der Vorstandsmitglieder wurden und werden bis heute regelmäßig in den Programmheften der Volkshochschule veröffentlicht. Kennzeichnend für die Zusammensetzung des Organs über die Jahrzehnte war eine hohe Kontinuität. Hermann Schwab, von 1973 an Oberbürgermeister der Großen Kreisstadt Winnenden, blieb bis 1984 erster Vorsitzender. Seine Nachfolge trat Bürgermeister Paul Hug an. Seit 2005 steht Bürgermeister Norbert Sailer, Leiter des Dezernats II der Stadtverwaltung, an der Spitze des Vereins.
Das Amt des stellvertretenden Vorsitzenden hatten seit dem Ausscheiden von Erwin Hofmann 1955 folgende Personen inne: Karl Schwedhelm, Dieter Pflüger (Rektor der Stöckachschule), Studiendirektor Ingo Lauer, Norbert Sailer und Ralf Oldendorf. Vorstandsmitglieder nach Schwedhelm waren u.a. Hermann Lampl, der Realschullehrer Friedrich Weinmann, der Bildhauer Martin Kirstein und Oberstudiendirektorin Anne Magner. Im Jubiläumsjahr gehören dem Vorstand außer Bürgermeister Sailer und Ralf Oldendorf die Beisitzer Hans-Dieter Baumgärtner, Markus Hofmeister und Ilona Mohn an.
Die Vereinssatzung wurde mehrfach geändert und an zeitrelevante Entwicklungen angepasst. Der letzte diesbezügliche Eintrag im Vereinsregister datiert aus dem Jahr 2014. Bis in die Gegenwart von Bedeutung ist die erste, am 3. Oktober 1980 vorgenommene Satzungsänderung. Seit damals sind die Stadt Winnenden und ihre Nachbargemeinden Leutenbach und Schwaikheim Mitglieder des Vereins. Die drei Kommunen spielen bei der Finanzierung der Aufgaben der Volkshochschule eine wichtige Rolle.